Jordanien - Syrien

22. Juni: Aqaba – Wadi Rum – Aqaba

Ich werde schon früh mit ganz vielen Geschenken geweckt! Mit das schönste war, dass Yelena und Lara ein Telefongespräch mit Päppu organisiert haben, das hat mich wirklich sehr gefreut!

Gegen Mittag haben wir uns dann von den netten Gastgebern verabschiedet um in die schönste Wüste von Jordanien, ins Wadi Rum zu fahren. Vorher noch schnell einen Stopp in Aqaba und ein wenig einkaufen. Natürlich durfte auch ein neuerlicher Halt im McDo nicht fehlen…

In der Wüste angekommen erheben sich majestätisch schöne Berge, und die müssen natürlich geknipst werden. Aus dem wurde aber nichts, weil der Akku des Fotoapparats immer noch an der Steckdose in Aqaba hängt. Blöd aber auch!

Nun denn, dann fahren wir halt in die Wüste rein ohne Fotoapparat.

Aus dem wurde aber auch nichts – kurz vor Erreichen des Tagesziels gibt es einen lauten Knall vorne rechts und der Schtudegumper fängt wie wild an zu schaukeln. Erich zieht den Laster einigermassen sicher von der Hauptstrasse weg in den Sand. Mitten in den Tiefsand. Also müssen wir erst mal buddeln, um das Rad wechseln zu können. Die schönen neuen Reifen aus Addis Abeba haben also nicht wirklich lang gehalten… Nachdem das geschafft war, mussten wir wieder buddeln. Nach etwa 2 Stunden (…) war dann unser Haus wieder auf fester Strasse. In der Zwischenzeit ist es leider Nacht geworden und mit dem schönen Plan, in der Wüste zu übernachten wurde leider nichts. Mitten in der Nacht im Nirgendwo ein Buschcamp zu suchen, ohne zu wissen, wie der Sand beschaffen ist, um darin herumzufahren, das war uns zu heiss.

Da wir eh zurück nach Aqaba mussten – wegen dem Akku und wegen eines neuen Reservereifens (wir hatten ein wenig das Vertrauen verloren, wie lange es der zweite Addis Tyre halten würde, wenn der erste aus dem nichts heraus einfach platzt) – haben wir uns entschieden, direkt nach Aqaba zurück zu fahren. Es sind ja nur 70km und in Jordanien kann man auch nachts gut fahren.

Als wir dann gegen halb zehn am Abend wieder in „unserem“ Camp ankamen, wurden wir zwar sehr erstaunt aber nicht minder herzlich willkommen geheissen. Schnell noch was essen und den Tag abhacken. Ich habe entschieden, dass ich dann nächstes Jahr wieder Geburtstag feiern werde…


23. Juni: Aqaba

Erich jagte uns schon früh aus den Federn. Ihm liess die Pneugeschichte keine Ruhe und er wollte in die Stadt hinein, um Ersatz zu besorgen. Wir anderen packten also alles zusammen, was man für einen Pooltag braucht und machten es uns am Schwimmbadrand gemütlich. Ahja. Noch vergessen! Leo hat sich eine Mittelohrenentzündung eingefangen und bekommt jetzt Antibiotika. Ich will kein Risiko eingehen und drum darf er heute nicht ins Wasser. Es windet immer recht stark und ich weiss nicht so recht, ob er die Entzündung wegem Wind und Wasser bekam. Lieber nichts riskieren! Aber er hat ja einen Nintendo und damit kann er sich herrlich stundenlang beschäftigen.

Es ist erst kurz vor Mittag und Erich kam schon wieder zurück. Er ist schnell fündig geworden und jetzt haben wir zwei neue CEAT-Pneus. Nimmt mich schon Wunder, ob diese uns jetzt nach Hause bringen werden!

Am späten Nachmittag gönnten wir Mädels uns dann einen Weiberabend mit Angela: Wir machten uns hübsch und gingen alle zusammen in die Stadt um zu shoppen! Ach, war das herrlich, auf dem Souk (Markt) herumzuschlendern und die unendlich vielen Gerüchte des Orients zu schnuppern! Auf diesem Markt gibt es alles zu kaufen, was das Herz begehrt. Ich strapazierte die Geduld meiner Mädchen recht stark beim Gewürzhändler. Ich konnte mich fast nicht mehr losreissen und musste mich nach 4 Kilo (!) verschiedenster Gewürze schlussendlich selber bremsen! Ich freue mich schon extrem aufs nächste Mal kochen! Wir kauften ausserdem eine Wasserpfeife, schöne Tücher und viel unnützen Kleinkram. Im Sinn von: „Es glitzert, es ist sinnlos, ich will es!!!“ ☺

Irgendwann waren wir so dermassen auf den Felgen, dass wir doch noch Aufgaben und zurück zum Camp fuhren. Es war ein wunderschöner Abend mit Angela und hat uns allen so richtig gut getan!


24. Juni: Aqaba – Petra

Heute wollen wir nochmals einen Versuch starten, doch noch von Aqaba los zu fahren! Adi und Bruno haben von Petra sehr geschwärmt und so wollen wir uns das jetzt selber auch anschauen gehen. Wir nehmen die Kings-Road nördlich von Aqaba und schon nach kurzer Zeit ist der ganze Trubel des schönen Städtchens am Roten Meer hinter uns. Die Strasse der Könige ist sehr geschichtsträchtig! All die grossen und wichtigen Herrscher des Orients benützten diese wichtige Handelsstrasse zwischen dem Roten- und dem Mittelmeer. Ziemlich genau in der Mitte liegt Petra, die Felsenstadt die während vielen Jahrhunderten die wichtigste Handelsmetropole im Nahen Osten war. Am Nachmittag haben wir die quirlige Stadt vor Petra erreicht. Wir fuhren direkt hinunter zum Besucherzentrum beim Eingang, um uns dort mit Sylvie und Wilm zu treffen. Adi und Bruno sind bereits weitergefahren. Wir verbringen wieder einen gemütlichen Abend zusammen. Diesmal hatten wir auch noch Besuch. Mohamed (oder Ali? Oder Achmed?) ((die haben einfach keine Phantasie mit den Vornamen, die heissen alle gleich!)) ist einer der Pferde-Taxi-Besitzer und wusste viel Interessantes aus der Geschichte zu erzählen. So haben bis in den 80er Jahren noch 350 Familien in Petra selbst gewohnt. Die Menschen mussten dann aber aus der Stadt wegziehen, weil der damalige König das wirtschaftliche Potential der Felsenstadt erkannte. Seiner Meinung nach ging das aber nicht, dass Menschen in der Stadt drin wohnen und zugleich Touristen herumwandern um alles zu erkundigen. Also mussten sie wegziehen. Sie wurden aber sehr grosszügig dafür entschädigt. Zum einen erhielten die Verjagten Land aber noch viel wichtiger: Eine lebenslange Lizenz, um in der Felsenstadt arbeiten zu dürfen. Eben mit Pferden. Die ganze Geschichte ist sehr streng reglementiert aber rechnet sich für die ehemaligen Einwohner. Sie erhalten zusätzlich zur Arbeit die sie leisten pro Monat einen Prozentsatz der stolzen Eintrittspreise. In guten Monaten verdienen sie so durchschnittlich umgerechnet 5000 Franken und das ist in Jordanien jede Menge Geld!

Eigentlich wollten wir ja früh schlafen gehen, denn morgen wird es ein strenger Tag werden mit Besichtigen und wenn möglich dann noch weiterfahren ans Tote Meer. Wenn Reisende zusammentreffen wird es aber oft nichts mit früh schlafen gehen. So auch heute…


25. Juni: Petra – Totes Meer

Der Wecker klingelte heute Morgen wirklich sehr früh für unsere Verhältnisse! Es wird tagsüber sehr heiss, wenn auch nicht ganz so heiss wie im Sudan. Trotzdem wollen wir früh in die Felsenstadt. Das ganze Areal zieht sich über viele Kilometer. Wir haben aber schon im Vorfeld entschieden, dass wir nur ein paar Punkte besichtigen werden. Mit den Kindern das ganze Programm absolvieren wird nicht nur für sie, sondern auch für die Erwachsenen mühsam. Von wegen „ich mag nicht mehr, wie weit geht es noch???“.

Auch wenn wir schlussendlich nur einen kleinen Teil besucht haben – es war wirklich sehr eindrücklich. Eigentlich das allerschönste ist gleich am Anfang zu erleben: Um in die Stadt zu gelangen muss man etwa 3km durch eine Art Schlucht wandern. An der schmalsten Stelle ist sie nur noch gute 2m breit. Rechts und links sind die Felsen z.T. bis etwa 100m hoch. Geschätzt, aber wirklich sehr hoch! Unten in der Schlucht ist es frühmorgens angenehm kühl und das wandern da hindurch machte wirklich Spass!

Anscheinend würden in normalen Zeiten bis zu 7‘000 Touristen täglich die Felsenstadt erkundigen. Durch all die Krisengebiete rund um Jordanien herum herrscht aber totale Flaute. So hatten wir das Glück, die ganze Kulisse fast nur für uns allein zu haben. Als wir das Ende der Schlucht erreichten, wurden wir von der Schatzkammer begrüsst. Hier tummelten sich dann schon mehr Touristen und wir setzten uns auf eines der Bänkli um dem Treiben zu zusehen. Unglaublich, wie sich einige Touristen anstellen und/oder kleiden. Man sieht wirklich alles. Bei einigen Frauen hatten wir auch sehr stark das Gefühl, dass sie nicht richtig realisiert haben, dass sie in einem Muslimischen Land zu Gast sind. Da darf man sich dann eigentlich nicht mehr verwundern, wieso die Einheimischen den Touristen manchmal schräg kommen…

Erich liebt Steinhaufen über alles und so bekam er frei. D.h. er erkundigte auf eigene Faust die nähere Umgebung und ich blieb mit den Kindern nach einem kurzen Abstecher zur Arena im Eingangsbereich. Ihnen hat das völlig gereicht – und mir eigentlich auch ;-)

Gegen Mittag waren wir dann schon wieder aus der Felsenstadt hinaus. Wenn man wirklich alles richtig erkundigen möchte, sollte man so drei Tage einrechnen. Das muss dann halt bei einer nächsten Reise nach Jordanien nachgeholt werden!

Nach einem kurzen Mittagessen machten wir uns dann auf den Weg ans Tote Meer. Wir fuhren weiter auf der Strasse der Könige und es war schon halb sieben, als wir Wilm und Sylvie am Meer wieder trafen. Wir waren alle sehr müde nach diesem anstrengenden Tag und die Stimmung an Bord war nicht gerade prickelnd. Kam noch hinzu, dass es sehr schwer war, ein Camp für die Nacht zu finden. Die „Hotelmeile“ befindet sich ganz an der Nordseite des Meers und wir hätten nochmals etwa 65km fahren müssen. Dafür reichte die Energie aber bei niemandem mehr und wir machten wieder mal ein Buschcamp. Nicht der Hammer, wirklich nicht. Aber so ist das halt nun mal wenn man reist wie wir es tun: Nichts ist organisiert, wir improvisieren tagtäglich immer wieder neu. Da kann nicht immer alles perfekt gehen…

Wir wurden dann aber entschädigt mit dem tollen Gefühl, im toten Meer zu schwimmen. Gut. Schwimmen kann man dem nun wirklich nicht sagen, das geht nämlich gar nicht. Die einzige Möglichkeit, vorwärts zu kommen ist nur auf dem Rücken liegend. Wenn man sich auf den Bauch dreht, „spickt“ es einem den Hintern in die Luft. Echt jetzt! Urkomisch im Fall! Den Kindern hat es nicht so gefallen. Das Salz brennt ganz fürchterlich und unsere Mini-Hooligans haben ja immer irgendwo ein Boboli, sprich, eine offene Wunde die hier fürchterlich brennt.

Sylvie machte mir vor dem Bad zur Aufmunterung eine Mineralhaltige Maske aus frisch „geerntetem“ Sand aus den Quellen die das Meer speisen. Dafür zahlen andere einen Haufen Geld und wir mussten uns nur bücken, um die wertvolle Brühe aufzusammeln. Die Haut war nach der Behandlung dann wirklich weich wie ein Babypopo und es tat so dermassen gut, dass ich mich entschieden habe, mit den Mädels doch auch noch Sand buddeln zu gehen um dann zu Hause wieder mal eine Packung machen zu können und in Erinnerungen schwelgen – „Weisch no?“ ☺


26. Juni: Totes Meer – Amman

Sylvie und Wilm wissen noch nicht, ob sie heute auch nach Amman wollen oder noch die heissen Quellen suchen. Heisse Quellen können uns bei den Aussentemperaturen nicht wirklich locken und wir müssen ja noch in die Schweizer Botschaft, um unsere neue Visa-Karte abzuholen. Die alte wurde in Äthiopien gestohlen, die neue sollte nach Khartum gesendet werden. Das ging wegen Auffahrt aber nicht – der Botschaftskurier geht nur einmal die Woche… Etc. Etc. Etc. Auf alle Fälle hat uns dann die überaus nette Frau Schöni aus Khartum die Weitersendung nach Amman organisiert und das wollen wir nun in Angriff nehmen.

Die etwa 100km nach Amman sind schnell geschafft und wir parken unseren Studi in der CityMall ein wenig ausserhalb der Millionenstadt. Dort werden wir auch Adi und Bruno wieder treffen. Die Botschaft suchen wir dann mit einem Taxi und der Chauffeur kennt sich in seiner Stadt wirklich aus. Auf Anhieb bringt er uns zur richtigen Adresse. Wow. Afrika ist wirklich vorbei…

Die Botschaft hat nur bis mittags geöffnet, wir werden dennoch freundlich empfangen. Die Angestellte weiss Bescheid und jetzt haben wir tatsächlich wieder eine Kreditkarte, die überall geht! Man fühlt sich grad sofort anders ;-)

Nachdem wir unsere Weiterreise erklärt hatten, wollte die Botschaft unbedingt noch unsere Namen und Geburtsdaten, die genaue Reiseroute und die Daten wegen Syrien. Das EDA rät immer noch von Reisen nach Syrien ab und sie wollen hier ganz sicher sein, dass wir auch nicht blauäugig ins Land hinein stolpern. Als wir dann erklärten, dass wir bereits Nigeria, die Kongos und Angola bereist haben, änderte die nette Frau dann wohl ein wenig ihre Meinung… Dennoch hat sie uns ihre Handy-Nr. gegeben, mit der Bitte, uns sofort zu melden, wenn wir in der Türkei sind. Werden wir machen, versprochen!

Den Nachmittag verbringen wir dann mit herumschlendern im Einkaufszentrum und einigen Sachen besorgen. Schon bald treffen wir auch Adi, Bruno, Sylvie und Wilm wieder.

Jetzt sind wir also komplett, um das letzte grosse Abenteuer unserer Reise, die Durchfahrt durch Syrien in Angriff zu nehmen!


27. Juni: Amman – Bosra

Die beiden Deutschen sind nicht so sicher, ob sie nun doch heute schon über die Grenze wollen oder nicht. Auch wir sind uns irgendwie noch nicht ganz so sicher, wir wollen unbedingt noch nach Jerash, da gibt es jeweils eine Show mit Gladiatoren und Wagenrennen in den römischen Ruinen. Wir haben keine Ahnung wie die Strasse dann bis zur Grenze sein wird. Schlussendlich sind nur Adi und Bruno sicher, dass sie heute die Grenze machen werden. Wir entscheiden, via sms in Kontakt zu bleiben.

In Jerash haben wir uns dann herrlich amüsiert! Die Show ist wirklich sehenswert und gut aufgezogen. Die Kämpfe der Gladiatoren waren so echt dargestellt, dass Leo die Tränen kamen, als der Pöbel (wir Zuschauer) mittels Daumenzeichen in der Waagrechten entschieden haben, dass der Verlierer nicht weiterleben durfte. Wir kamen uns vor wie (ach, wie hiess denn jetzt der verrückte Römer Kaiser schon wieder? Nero? Oder ist das nur ein CD-Brennprogramm?) Naja. Ihr wisst, wen ich meine! Item! Leo meinte wirklich, dass der arme Verlierer jetzt tot ist, weil das Blut so schön gespritzt hat! Noch Stunden später fragte er immer mal wieder, ob er denn wirklich überlebt habe ;-)

Nach den Schaukämpfen kamen die Wagenrennen dran und das war dann wie im Film (herrjeh, mein Langzeitgedächtnis! Und Ostern waren wir ja nicht zu Hause, als diese alten Schinken sicher wieder ausgestrahlt wurden) Na – im Film halt, wo sie Wagenrennen machen. Ist ja egal. Nächstes Mal werde ich sicher besser aufpassen, grins!

Nach der Show machte Erich sich wieder einmal alleine auf den Weg durch die Ruinen der Römer und wir anderen stürmten den nächsten Souvenirshop. Jetzt gegen Ende der Reise halten wir uns nicht mehr so zurück wie am Anfang…

Als wir dann wieder alle beieinander waren kam ein sms von Adi: Die Grenze Al Ramtha sei zu, wir müssen die Grenze bei Al Mafraq nehmen.

Nett von ihnen, uns darauf aufmerksam zu machen! Wir gewinnen also viel Zeit und fahren direkt zur Grenze.

Der Abschied aus Jordanien fällt uns dann gar nicht mal so leicht. Auch wenn wir nicht lange in diesem Land geblieben sind, haben wir hier superschöne Dinge erleben dürfen.

Irgendwie flutschte alles recht problemlos und wir hatten gar nicht richtig Zeit, uns jetzt Sorgen wegen Syrien zu machen. An der Grenze lief alles ganz normal ab, wie an allen Grenzen halt. Einer will dies, der andere das. Dieser will Geld, jener stempelt ein Papier… Alles läuft routiniert und wenn man nicht grad explizit frägt, wo es denn jetzt gerade im Moment gefährlich sei – man würde überhaupt nichts merken. Auf unsere Frage ernten wir dann auch nur erstauntes Lächeln. „No problem in Syria“. Super. Das hilft natürlich ungemein…

Ennet der Grenze treffen wir Adi und Bruno. Sie haben die ganzen Formalitäten auch gerade abgeschlossen und warten jetzt auf uns, damit wir dann zusammen ein Nachtlager suchen können. Sie haben dann auch noch die glorreiche Idee, dem Zöllner zu sagen, dass dort oben, in dem blauen Fass des Lasters, da sollen sie besser nicht hineinschauen, da seien Schlangen und Skorpione drin. Klar haben sie das nur als Witz gemeint. Klar haben sie nie und nimmer auch nur in Erwägung gezogen, dass der gut 180kg schwere Zöllner auf den Studi hinaufklettern wird.

Nun.

Er kletterte hinauf.

Und wollte das blaue Fass geöffnet haben.

Er glaubte nämlich nicht, dass da „nur“ Souvenirs drin sind.

Und ich hätte unsere Freunde erwürgen können!!!

Habe es natürlich nicht gemacht ;-)


Kurz und gut: Die Einreise lief gut, wir sind in Syrien. Wir haben alle ein gutes Gefühl und entscheiden, nach Bosra – etwa 30km nach der Grenze zu fahren. Da hat es auch Ruinen und anscheinend soll man da campen können. Man konnte, wir wurden sehr herzlich und mit breit geöffneten Armen empfangen!

Wir seien die ersten Touristen seit Wochen! Es ist wirklich nicht schön, wie die Tourismusindustrie unter der ganzen Geschichte leidet. Aber wer sind wir denn, um das ganze Ausmass zu be- oder sogar verurteilen? Wir sind nicht politisch motiviert, wir sind Touristen auf der Heimreise und einfach nur froh, dass es gar nicht so schlimm aussieht, wie uns die Medien alle weismachen wollen.

Oder wie Wilm es wohl sehr treffend ausdrückt: Wir haben wohl ein gutes Zeitfenster erwischt.

Wir sind uns völlig im Klaren, dass die ganze Situation morgen schon wieder ganz anders aussehen kann. Aber im Moment sind wir einfach nur erleichtert.

Wir verbringen mit den Einheimischen Kindern einen sehr netten und amüsanten Abend. Vor allem die Kinder, aber auch Bruno spielen stundenlang mit den Jungs und Mädels Ball. Ein wunderschöner Abend!


28. Juni: Bosra – Palmyra

In unserer Familie haben alle tief und fest geschlafen. Die beiden Luzerner-Jungs hatten weniger Glück und so waren sie schon recht früh wieder auf den Beinen.

Schon bald erhielten unsere Kinder wieder Besuch von den Dorfkindern. Erich gab mir heute Morgen frei und erledigte das ganze Packen alleine. Derweil durfte ich Burgfräulein spielen und das Theater von Bosra erkundigen gehen. Die Arena ist in sehr, sehr gutem Zustand und wirklich eindrücklich! 15‘000 Menschen hatten darin Platz und wenn man da – alleine – auf den Treppen sitzt kann man sich direkt vorstellen, wie unten auf der Bühne gesungen und getanzt wird. Ich habe die ruhige Stunde sehr genossen und viel Kraft getankt, es hat so richtig gut getan!

Gegen 11 Uhr sind wir dann aus Bosra in Richtung Damaskus gefahren. Unterwegs hatten wir absolut keine Schwierigkeiten. Erst etwa 20km vor der Stadt gab es vermehrte Polizei- und Armeekontrollen. Die waren aber nicht anders als in all den anderen Ländern. Sobald sie sahen, dass wir Touristen sind, wurden wir freundlich durchgewunken. Wir mussten nur ein einziges Mal die Pässe zeigen und das wars dann auch schon. In Damaskus haben wir dann die Umfahrungsautobahn genommen. Wir wollten sowieso nicht in die Stadt hinein. Entweder man geht richtig, oder gar nicht. Um es „richtig“ zu machen sollte man ein paar Tage investieren und das erscheint uns nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt.

Dann hiess es nochmals 240km unter die Räder zu nehmen, das Tagesziel lautet Palmyra. Das war dann recht anstrengend. Die Strassen sind wirklich in gutem Zustand, aber es ist halt eintönig. Stundenlang sieht man nur Sand und manchmal ein wenig Gebirge. Es gibt sehr wenig, was das Auge ablenkt…

Zwischendurch gab es immer mal wieder eine Armee- oder Polizeikontrolle aber nichts Wildes. Das einzige, das uns auffällt: Bei einigen Tankstellen stehen bis zu 30 Lastwagen für Diesel an. Das verheisst nichts Gutes, wir müssen unbedingt vor der Türkei noch tanken. Wir haben immer noch von unserem Saudi-Diesel, aber ewig reicht der auch nicht mehr. Wir hoffen jetzt mal, dass wir dann in Palmyra tanken können. Ob das jetzt mit der Krise zusammenhängt, oder ob es allgemein schwierig ist, an Diesel zu kommen wissen wir natürlich nicht. Auch wenn man die Leute fragt, bekommt man keine richtige Antwort. Wir wissen nicht, ob und inwiefern die Menschen hier informiert sind. Einige haben uns in vollem Ernst erklärt, die Bilder die man im Fernsehen von Syrien sehe, dass seien Bilder aus Irak und Libyen. In Syrien gebe es gar keine Demonstrationen!.............

Müde und erschöpft kommen wir dann am Abend in Palmyra an und finden den anvisierten Campingplatz auf Anhieb. Wir werden auch hier sehr herzlich begrüsst und freuen uns erst einmal auf den Pool! Ja, das ist wirklich wahr! Palmyra ist eine Oase inmitten der Wüste. Man müsste nur etwa noch 50km fahren, dann wäre man im Irak… Die Oase hat Grundwasser und auch einen See. Das Wasser ist zwar leicht salzhaltig, aber anscheinend reicht die Qualität für Landwirtschaft. Und eben für einen Swimmingpool für müde Touristen ;-)

Schon bald kommen Adi und Bruno auch an und sind ebenfalls nicht mehr wirklich taufrisch. Also bestellen wir bei Mohamed (diesmal heisst er wirklich so…) Nachtessen. Wir bekommen dann ein herrlich schmeckendes Mahl aus Reis, Poulet, Bohnen und gerösteten Mandeln. JamyJamy, hat das lecker geschmeckt! Nur das Schaf-Joghurt war ein wenig gewöhnungsbedürftig…

Die Kinder müssen heute ein wenig früher ins Bett, es war ein anstrengender Tag. Als ich nachschauen gehe, ob sie schon schlafen, werde ich von einer ganzen Gruppe Frauen eingeladen, mich an ihren Tisch zu setzen. Es sind alles Frauen aus Palmyra, die sich hier im Restaurant einen Frauenabend gönnen und ich werde herzlich in ihrer Mitte aufgenommen. Sie sind natürlich fürchterlich neugierig und wollen ALLES wissen. Vor allem, wieso ich denn als Frau mit drei Männern reise? Ich erkläre ihnen, dass es in Europa ganz anders sei als hier: Da hätte eine Frau das Recht, vier Männer zu haben, eben genauso wie hier die Männer vier Frauen haben könnten… Zuerst ungläubiges Staunen und als ich dann anfing breit zu grinsen war das „Eis“ gebrochen und wir verglichen die Europäischen mit den Arabischen Männern. Was da alles herauskam kann an dieser Stelle selbstverständlich nicht erörtert werden, hihihi! Auf alle Fälle war es ein herrlich amüsanter Abend und wieder einmal stört es mich, dass ich die einheimische Sprache nicht kann. Aber alle sprachen ein paar Brocken Englisch und mit Händen und Füssen, Gesten und Mimik kann man ja auch allerhand berichten! Es war wirklich unglaublich schön inmitten der Oase zu sitzen, mit lustigen Frauen, die historischen Bauwerke vor der Nase, ein lauer Abendwind, viele Naschereien und köstlichen Kaffee und Tee auf dem Tisch!

Randnotiz: Als wir irgendwann endlich fertig getratscht hatten, waren all meine Männer übrigens schon im Bett und schnarchten, dass die Palmen wackelten ;-)


29. Juni: Palmyra

Schon gestern hatten wir entschieden, dass wir heute einen Ruhetag einlegen. Es ist so schön und ruhig hier und wir sind alle ein wenig gerädert. Adi kränkelt zudem ein wenig und er ist froh, dass er ausruhen kann. Erich und Bruno erkundigen dann wieder einmal Steinhaufen und vor allem Erich geniesst es, stundenlang in den Ruinen herumzutoben, ohne auf Kinder und Frau Rücksicht nehmen zu müssen.

Ich wasche wieder einmal Wäsche und erst als ich fertig bin, kommt Mohamed und sagt mir, dass er doch eine Waschmaschine habe. Danke Mohamed. Hilfreiche Info, vor allem, wenn man fertig ist! Männer!

Die Kinder spielen den ganzen Tag unter den Olivenbäumen. Sie sind so völlig friedlich, es ist richtig schön, ihnen zuzuschauen. Später wird wieder der Pool in Beschlag genommen und der schöne Tag vergeht viel zu schnell.

Am Abend wollen wir in der Stadt zu Abend essen und vorher noch schnell in ein Internetcafé. Ralph konnte mir ein paar dringend benötigten Karten organisieren und ich hoffe, dass ich eine Verbindung finde. Alles klappt ganz wunderbar und es bleibt vor dem Essen sogar noch ein wenig Zeit, die wenigen offenen Souvenirläden zu stürmen. Es sind nur deren zwei – die ganze Stadt liegt wie ausgestorben da. Auch die wärmstens empfohlenen Restaurants vom Reiseführer sind alle geschlossen. Für Palmyra ist das Leben im Moment wirklich kein Zuckerschlecken und wir hoffen für die netten Leute hier, dass sich die Lage bald wieder beruhigt!

In einem Leder-Laden finde ich dann endlich auch Ersatz für mein schönes geklautes Portemonnaie. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich hier kein Straussenleder mehr kriege, sondern halt Kamelleder. Was solls. Ich hab jetzt wieder ein Portefeuille…

Sylvie und Wilm haben geschrieben, dass sie in Damaskus bleiben. Ich hoffe sehr, dass wir sie nochmal sehen!


30. Juni: Palmyra – kurz vor Grenze zur Türkei

Adi geht’s zum Glück wieder ein bisschen besser und wir entscheiden, dass wir weiter fahren. Wir wollen einfach mal in Richtung türkischer Grenze und schauen, wie weit wir kommen. Vor allem müssen wir unbedingt tanken, so langsam aber sicher drängt es schon. Als ich bezahlen gehe, schenkt mir Mohamed noch eine schöne Kette aus Kamelknochen, die seine Schwester, eine Beduinin gefertigt hätte. Keine Ahnung obs stimmt. Und da er mir sie geschenkt hat, habe ich ihm seine auffällig unauffälligen Avancen auch fast nachgesehen. Aber nur fast. Man hat es nicht leicht als Frau hier!

In der Stadt kauften wir noch ein paar Früchte und ich erstehe im Ledergeschäft noch einen schönen Rucksack, mit dem ich schon gestern geliebäugelt habe. Als wir zur Stadt hinausfahren dann überall dasselbe: Wir halten an einer Tankstelle und überall heisst es „No Diesel“. Irgendwann muss Erich dann Diesel aus den Reservetanks pumpen, es hilft alles nichts.

Am Nachmittag kommen wir dann in einer Stadt vor Al Raqqa an und sehen wieder einmal eine elend lange Kolonne mit Lastwagen vor einer Tankstelle stehen. Es hilft nichts, wir müssen da jetzt hinten in die Reihe. Nach einer guten Stunde sind wir dann endlich dran. Als Erich und ich die Reservekanister ausladen, winkt der Tanker ab. Nein, nur in feste Tanks, gebunkert werde nicht! Auch den zweiten Reservetank können wir nicht auffüllen. Nur zwei Tanks. Puh. Das ist nicht so toll. Auch unser Gejammer, dass wir jetzt in die Wüste fahren und ganz dringend viel Diesel brauchen, machte keinen Eindruck. Es gelte dasselbe für alle. Nur in Tanks, basta. Tatsächlich, der arme Tankwart ist in heftigste Diskussionen mit ein paar Arabern verwickelt, die mit Kanistern anstehen. Gut. Ich versteh ja nichts, vielleicht sprechen sie ja auch nur übers Wetter. Aber den unzufriedenen Mienen nach zu urteilen, kriegen sie auch keinen Diesel in ihre Kanister…

Man weiss ja nie, vielleicht finden wir vor der Grenze nochmal eine Tankstelle. Halb zufrieden machen wir uns auf die Weiterfahrt. Immerhin konnten wir etwa 270 Liter tanken, das ist wirklich besser als nichts, vor allem wenn man bedenkt, dass der Diesel in der Türkei im Moment um die 2 Franken pro Liter kostet.

Hinter Raqqa in Richtung Grenze wollen dann unsere Freunde auch noch tanken. Sie haben einen Benziner und weniger Schwierigkeiten. Sie fragen dann für uns, ob es hier vielleicht Diesel gebe. Nein. Erich fährt dann ein wenig vor, um im Schatten warten zu können. Einer der Araber guckt mich die ganze Zeit so komisch an und ich frage ihn, ob er Diesel habe? Er guckt weiter, würdigt mich aber keines Wortes. Stattdessen geht er zu Erich und fragt, ob er wirklich Diesel brauche? Ja klar. Er habe schon Diesel. Ja gut, dann her damit. Erich füllt also alle Kanister und den 2. Reservetank. Während wir so fröhlich tanken, kommen immer mehr Autos und Lieferwagen herangefahren und stürmen die Tankstelle. Die haben sofort richtig kombiniert: Lastwagen => Diesel => sofort anstehen!

Die ganze Geschichte hat aber einen Hacken: In Syrien kostet der Liter zum Festpreis 15 Syrische Pfund (ca. 30 Rp.) An dieser Tankstelle heisst es aber: Kein Diesel. Es sei denn, man ist Tourist oder ein reicher Funktionär oder was auch immer und bezahlt mehr, dann kriegt man welchen. Völlig illegal und überhaupt nicht korrekt! Wir Dubbel haben das natürlich auch erst gemerkt, als wir dann plötzlich 50 Rappen/Lt. Bezahlen sollten. Ist ja immer noch herzlich wenig, aber eben – es ist nicht in Ordnung den Einheimischen gegenüber. Kommt mir grad so vor wie ein Kriegsgewinnler. Aber die gibt’s ja immer! Nun, soll er das mit seinem Allah ausmachen. Wir haben jetzt wieder volle Reserven. Wenn auch unter Protest. Irgendwie halt.

Unser letzter Abend in Syrien verbringen wir etwa 20km vor der Grenze zur Türkei. Wir werden den Übergang nach Sanliurfa nehmen und hoffen, dass morgen alles gut gehen wird. Dann ist das letzte Abenteuer unserer Reise auch geschafft. Schon komisch! Da hatten wir so viele Monate echt Angst vor diesem Land. Haben stundenlang (und wirklich STUNDENLANG) nach Alternativen gesucht. Von Routen im Iran nach Irak über Israel und Libanon gebrütet, Fährpläne von Israel studiert, andere Reisende um Rat gefragt étc. Wir haben uns in Foren durchgelesen und schlussendlich – nix. Es war ein Land wie so viele andere auch. Wir sind als Touristen durchgefahren, haben uns - wie in unseren Augen halt – als vernünftige Touristen benommen und gut ist.

Nochmal: Wir wollen nicht verallgemeinern oder etwas schönreden. Wir haben es vom 27.-30. Juni 2011 so erlebt. Was vorher war oder nachher ist: wir können es nicht beantworten!


1. Juli: Grenze und dann ab in den Busch

Die Nacht war recht wild: Das Grenzgebiet vor der Türkei ist – ausser grad direkt am Euphrat, da hat es viele bewirtschaftete Felder – nur Wüste. Es windete sehr, sehr stark und war beinahe unmöglich, draussen zu sitzen und zu essen. Jeder Bissen Spaghetti knirschte, wir assen sicher 100 Gramm Sand zum Znacht… Adi und Bruno parkten dann ihr Fahrzeug ganz nah an unseren Studi, damit sie ein wenig vom Wind geschützt sind.

Wir kamen etwa um 9 Uhr bei der Grenze an. Anders als bei der Einreise war es hier schon zu Beginn recht mühsam. Wir mussten pro Person 500 Syrische Pfund (etwa 10 Fr.) für die Ausreise bezahlen. Wir hatten absolut kein Bargeld mehr und hatten eigentlich gehofft, dass es wie bei der Einreise dann schon irgendwo einen ATM hat. Es hatte nirgends einen! Adi und Bruno haben noch Dollar und helfen uns zum Glück damit aus.

Bei der Immigration mussten wir sehr lange „anstehen“. Wobei man sich das nicht geordnet vorstellen kann, wie das bei uns am Bankschalter vor sich geht: Jeder drängelt vor, jeder schreit laut, jeder muss unbedingt als nächster dran kommen. Meine wütenden Proteste machen da überhaupt keinen Eindruck! Adi machts dann besser: Er winkt mit den Pässen, schreit auch und schiebt sie einfach durch den Schalter durch. Ach so. So macht man das! Es funktioniert!

Jeder einzelne Pass muss dann per Computer erfasst werden. Schon nur beim Zuschauen bin ich fast durchgedreht. Am liebsten hätte ich den Grenzer von seinem Stuhl geschupst und das schnell erledigt. Sein Adler-Such-System mit einem Finger ist nicht wirklich effektiv. 10-Finger-System scheint hier ein Fremdwort zu sein… Gut. Ich war eh schon sauer wegen der unmöglichen Leute die null Kolonnen-Ansteh-Verständnis haben und der Grenzer gibt halt sein Bestes. Ärgern bringt nichts, kostet nur Energie!

Gegen halb elf war dann das ausstempeln unserer Pässe erledigt. Jetzt geht’s zum Zoll. Ich wartete bei den Kindern im Studi, während Erich den Papierkram erledigte. Plötzlich kommt er und braucht den Fotoapparat. Fotografieren ist an Grenzen immer strengstens verboten und sein Anliegen erstaunte mich schon. Der Zollbeamte wolle unsere Fotos sehen. Ach so. Das ist neu, hatten wir noch nie. Was solls, wir haben ja nichts zu verbergen. Soll er sich doch die 700 Fotos mit Ruinen und Steinhaufen angucken. Randnotiz: In den letzten zwei Wochen hatte Erich den Fotoapparat nicht mehr aus den Händen gegeben. Er liebt Steine über alles. Wünsche dem Zöllner viel Vergnügen bei der Suche nach irgendwelchen brisanten Bildern.

Wir hatten es aber echt noch gut. Adi und Bruno hatten hingegen wirklich Probleme: Adi ist von Beruf Polygraph. Beim Ausstellen des Visums haben sie in der Botschaft aber wohl Photograph verstanden. Da das Visum in arabischer Schrift ausgestellt ist, hat er das aber nicht bemerkt. Photographen sind in Moment aber in Syrien nicht herzlich willkommen. Also mussten die beiden ihr GANZES Auto leerräumen. Dabei gingen die Zollbeamten nicht gerade zimperlich vor. Alles wurde auf den Boden geschmissen, Taschen einfach ausgekippt und liegengelassen. Das sah alles fürchterlich aus. Dann hat der eine noch die CD’s der beiden beschlagnahmt. Die dachten wohl, da seien Fotos draufgebrannt oder so. Auf alle Fälle nimmt er die CD’s und geht damit ins Büro, knallt sie auf einen Schreibtisch und schliesst die Tür. Obschon Bruno mehrfach beteuerte, dass da nur Musik drauf sei und die Hüllen auch öffnete – nichts zu machen. Da wurde Erich zum ersten Mal seit vielen Monaten wirklich sauer! Er hat den Zöllner angeschrien, dass er kein Recht darauf habe, dass er jetzt sofort die Schweizer Botschaft anrufen werde. Er schrie herum dass es nicht mehr schön war. Und das zeigte wohl Wirkung: Der Zöllner geht zurück und bringt die CD’s wieder.

ABER jetzt hatte er uns auf dem Kicker. Obschon unser Auto schon kontrolliert war, wollte er jetzt nochmal. Zum ersten Mal überhaupt musste Erich hinten die Werkzeugkisten öffnen. Logisch dass da keine Bomben drin waren, es war nur noch Schikane. Zu allem „Unglück“ waren die Falztüren vom Staub dermassen verhockt und ein Scharnier blockiert, dass er die Türen dann nicht mehr schliessen konnte.

Erich brauchte sicher eine halbe Stunde, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Derweil halfen die Kinder und ich, bei Adi und Bruno wieder Ordnung ins Chaos zu bringen. Da Erich so lange mit dem Schliessen der Türen beschäftigt war, hatte der Zöllner wohl keinen Bock mehr, auch den Rest des Lasters auseinander zu nehmen. Hatte also auch etwas Gutes der viele Sand!

In der Zwischenzeit hatten sich lange Schlangen gebildet und wir waren umringt von vielen Zuschauern. Sah wohl schon spannend aus das ganze Chaos. Blöd für die Zöllner, dass sie absolut gar nichts fanden. Eigentlich nur lächerlich. Wobei auch hier wieder gesagt werden muss – die machen ja nur ihren Job. Es gibt halt verschiedene Möglichkeiten, das zu erledigen und unser Zöllner hatte wohl auch einen schlechten Morgen…

Wir sind also raus aus Syrien und müssen nun rein in die Türkei.

Da geht es dann schon europäisch zu und her. Die Zollabfertigung kann vom Auto aus erledigt werden. Die Pässe werden auch hier penibel geprüft und in ein Register eingetragen. Die Zöllner sind aber sehr freundlich und erklären Schritt für Schritt, wo man jetzt hingehen müsse. Auch hier müssen wir fürs Fahrzeug etwas bezahlen: 2 Dollar. Wir haben keine Dollar mehr und bieten ihm 2 Euro an. Die will er nicht, es müssen Dollar sein. 2 Schweizer Franken? Nein, Dollar. Bruuuuunooooo? – wir brauchen Geld! Die Türkei hat wohl kein Vertrauen mehr in den Euro und den Franken scheinen sie nicht zu kennen…

Danach sollte wieder das Auto kontrolliert werden. Hier hatten wir eigentlich mehr Schiss als in Syrien. Wir wollen nämlich Diesel schmuggeln. Wir hatten gehört, dass das Mitführen von Diesel in Kanistern nicht erlaubt sei. Nur in festmontierten Tanks darf man Diesel einführen. Erich hat gestern Abend dann die knappen 100 Liter auf dem Dach des Studi „versteckt“. Was natürlich überhaupt keinen Sinn macht, wenn ein Zöllner hinaufklettert. Es war aber mittlerweile Mittag geworden und die Sonne brannte unerbittlich herunter. Auf alle Fälle schien der Zöllner keine Lust auf richtige Kontrolle zu haben und betrachtete unser Gefährt nur oberflächlich. Ihn schien viel mehr zu interessieren, welche Länder wir denn bereist haben und wir gaben natürlich bereitwillig Auskunft ;-)

Bei Adi und Bruno ging hier auch alles gut und schnell und wir sind alle in der Türkei angekommen.

Was heisst da Türkei? Willkommen in Europa!

Wir sind völlig überfordert von dem Reichtum überall. In Sanliurfa angekommen gönnen wir uns ein verspätetes Mittagessen in einem Restaurant und können uns schier nicht erholen. Ein Supermarkt reiht sich an den nächsten, Bancomaten gibt es an jeder Ecke und die spucken sogar Geld aus! Die Frauen laufen viel freizügiger bekleidet herum. Zwar sehen wir immer mal wieder einen Schleier, aber die sind sehr farbenfroh und wohl eher zur Zierde als aus tiefer religiöser Überzeugung drapiert.

Wir fahren dann noch etwa 100km zur Stadt hinaus und suchen uns ein Buschcamp.

Wieder mal ein anstrengender Tag!


2. Juli: Busch nach Sanliurfa – Tasucu

Wir sind jetzt zwar in der Türkei angekommen, wissen aber im Moment noch nicht so recht, was wir überhaupt machen wollen. Weiter Ruinen und antike Städte besuchen? Strandferien? Irgendwie ging alles so schnell in den letzten Wochen! Wir entscheiden uns, erst mal wieder an den Strand zu fahren und uns ein wenig zu erholen. Die ganze Fahrerei macht uns je länger je müder. Irgendwie ist auch ein wenig die Luft raus. Jetzt stehen wir fast wieder vor der Haustüre und das Reisen ist keine grosse Herausforderung mehr. Es erscheint uns also das Beste, erst mal inne zu halten und uns zu überlegen, wie es weitergehen soll und wie wir nach Hause fahren wollen.

Aber vorher steht uns noch ein Fahrtag bevor. Wir entscheiden, an die Anatolische Küste zu fahren und uns da ein schönes Plätzchen zu suchen. Bei Tasucu werden wir fündig. Wir haben heute 450km geschafft und sind wirklich geschafft, als wir ankommen. Zuerst führte unser Weg über die Autobahn. Wir fuhren zum ersten Mal seit vielen Monaten wieder durch einen Tunnel! Ich glaube, den letzten den wir hatten war in den Pyrenäen! Die Autobahn ist durchgehend dreispurig und dabei recht wenig befahren. Die Autos die wir sehen, sehen alle so neu aus! Nach Mersin ist die Autobahn dann zu Ende und wir fuhren der Küstenstrasse entlang westwärts. Hier ist der Verkehr viel stärker und es kommt uns fast vor wie Äthiopien, das Gewusel auf der Strasse. Nur, dass hier nicht die Menschen und Esel auf der Strasse rumlaufen sondern halt Mopeds…

Ich habe starke Halsschmerzen und kann fast nicht mehr schlucken. Schnell ist also entschieden, dass wir im Restaurant essen. Wir sind alle so müde, dass wir früh ins Bett gehen.


3. Juli - ???: Tasucu

Der Strand hier ist sehr schön, das Wasser ist so richtig klar und sauber. Etwa 50 Meter draussen im Meer hat es eine Boje mit einem Sprungbrett. Die Kinder verbringen fast den ganzen Morgen da draussen. Gegen Mittag hiess es dann Abschied nehmen von Adi und Bruno. Die beiden wollen früher zu Hause sein und fahren bereits heute weiter. Wir sind alle traurig. Man gewöhnt sich halt schon schnell aneinander, verbringt viel Zeit zusammen, erlebt gemeinsam schönes und anstrengendes. Man hilft sich, wenn Not am Mann ist, teilt, wenn es gut geht. Wir hatten wirklich eine herrliche Zeit mit den beiden. Vor allem für Leo ist es schwierig, er hat die beiden so richtig ins Herz geschlossen. Zwar ist er beim Abschied noch ganz tapfer, als dann aber das rot/schwarze Matatu um die Ecke verschwand fing er an zu weinen. Er hat mir so richtig leid getan!

Nun, der nächste Winter kommt bestimmt und wir freuen uns schon jetzt, mit den beiden Ski fahren zu gehen!

Den Nachmittag verbringen wir dann wie eine ganz normale Touristenfamilie am Strand. Man reserviert sich mittels Handtuch und Sonnencreme den Liegestuhl und lässt sich dann stundenlang von der Sonne braten. Hat auch gut getan, aber irgendwie kribbelt es schon wieder! Wollen wir das wirklich jetzt für 2 Wochen durchziehen? Oder doch weiterfahren und vielleicht noch ans Schwarze Meer in Richtung Bulgarien? Wir haben tatsächlich ein Luxusproblem!

Irgendwas kommt uns dann schon in den Sinn und ihr werdet es ganz sicher erfahren ;-)